Erfindung der Zukunft

GIESSEREI PRAXIS 06/2011 – Die Beschäftigung mit der Unternehmenszukunft ist eine zentrale Aufgabe für Unternehmer und Management auch in der Gießereiindustrie. Sie zu unterlassen oder nur halbherzig anzugehen, bedeutet Chancen zu vergeben und sich Risiken auszusetzen.

1. Wozu die Zukunft erfinden?

Kommt die Zukunft nicht von alleine? So könnte man doch zumindest meinen. Das ist sicherlich auch richtig. Und sie wird kommen, egal was Sie tun oder machen. Aber die Frage bleibt, welche Zukunft kommt?

Natürlich ist die Beantwortung dieser Frage immer individuell und abhängig von Informationsständen, Hoffnungen, zur Verfügung stehenden Ressourcen und vielen anderen Dingen.

Die Aufgabe des Unternehmers oder Managers ist jedoch die erfolgreiche Weiterführung des Geschäftsbetriebes. Erfolgreich meint hier mehr, als nur das Überleben sicherzustellen. Und selbst dafür brauchen die verantwortlichen Unternehmensführer eine Vorstellung davon, wie und was sich in der Zukunft entwickeln wird.

Wer sich mit seinem Unternehmen nur in die Zukunft rein treiben lässt, kann nicht aktiv steuern. Er wird erleben, wie der Wettbewerb an ihm vorbei zieht, die Kunden aufgrund neuer Bedürfnisse, anderer Gewohnheiten, weiterentwickelter Produktanforderungen, eines nicht mehr wettbewerbsfähigen Preises oder aus anderen Gründen fern bleiben. Dann beginnt das Restrukturieren und Neuausrichten. Der Versuch, sein Unternehmen meist durch Verkleinerung an die verbliebenen Marktanteile anzupassen und zu sichern. Wer noch Kraft und Ressourcen hat, begibt sich auf die Aufholjagd in die Gegenwart, gegenüber einem Wettbewerb, der sich bereits wieder mit der Zukunft beschäftigt.

2. Ziele und Visionen

Unternehmer und Manager müssen ihre eigene Vorstellung von der Zukunft entwickeln. Ob sie richtig war, wird man bestenfalls im Nachhinein wissen. Es gibt wahrscheinlich ohnehin nicht nur diese eine Zukunft, sondern Hunderte.

Aus der Vorstellung über die Zukunft entwickelt das Management Ziele und Visionen für das Unternehmen. Während die Visionen noch unbestimmter und eher als langfristiges Leitbild dienen, sind Ziele deutlich konkreter zu fassen. Sie müssen attraktiv sein, sind positiv zu formulieren, sind nicht lediglich ein Vergleich zu irgendetwas Anderem, sind messbar und müssen auch selbst erreicht werden können.

Das Unternehmen muss eine eigene Identität entwickeln.  Eigene Werte und ein Leitbild haben. Wofür steht das Unternehmen, wo will es hin und wie will es das erreichen? Die Beantwortung dieser Fragen ist der Schlüssel zur Zukunft.

3. Was ist zu tun?

Aus den Zielen folgt die Strategie zur Zielerreichung. Sie beschreibt den Weg, der gegangen werden muss. Welche Ressourcen habe ich und wie müssen sie sich noch entwickeln? Welche Ressourcen benötige ich noch und wie kann ich sie bereitstellen? In der Strategie werden die einzelnen Maßnahmen entwickelt, die Teilschritte auf dem Weg zum Ganzen sind. Die Strategie beschreibt somit, wie heute systematisch die Grundlagen für zukünftigen Erfolg geschaffen werden. Die Organisation des Unternehmens folgt dabei der Strategie und ist auf die Zielerreichung auszurichten. Aus der Gesamtstrategie werden Teilstrategien wie Vertriebsstrategie, Einkaufsstrategie und Servicestrategie abgeleitet.

Die Maßnahmen und ihre Wirkungen spiegeln sich in der Unternehmensplanung wieder. Das Controlling wird künftig Planung und Ist abgleichen. Aus diesen Kenntnissen werden neue Maßnahmen mit ihren Wirkungen eingeleitet, die wiederum im Controlling ausgewertet werden. So entsteht der Regelkreislauf zur Unternehmenssteuerung.

4. Wen brauchen Sie?

Die Zukunft zu erfinden ist eine der zentralen Aufgaben des Unternehmers und des Top-Managements. Die Beschäftigung mit der Zukunft, den Zielen und Visionen sowie der Strategie kann nicht ohne sie erfolgen. Die Einbindung weiterer Führungskräfte hängt zwar auch von der Führungskultur ab, kann aber im Sinne der Motivation, Einbringung zusätzlichen Wissens und Kreativität sowie letztendlich der Notwendigkeit zur Umsetzung durch die Organisationshierarchien förderlich sein.

Wie viel Zeit hierfür aufgewendet werden muss, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Diese Aufgaben dürfen aber nicht im Tagesgeschäft untergehen. Die Welt dreht sich und jedes Mal muss gefragt werden, was bedeutet das und was muss jetzt getan werden?

Der „einsame graue Leitwolf“ an der Spitze des Unternehmens wird es im Sinne nachhaltiger Unternehmenssteuerung  immer schwerer haben, komplexe und weit reichende Entscheidungen alleine zu treffen. Mitarbeiter wollen wertgeschätzt werden. Es kann für das Unternehmen überlebenswichtig sein, Führungskräfte und Leistungsträger zu motivieren und damit zu binden. Wenn man unter nachhaltiger Unternehmenssteuerung auch die Beständigkeit des Unternehmens über den Generationswechsel insbesondere in Familienunternehmen hinaus versteht, so ist eben nicht nur die eigentliche Nachfolgeregelung zu bedenken, sondern auch der Aufbau eines mitgestaltenden Managements, welches über den Wechsel hinaus wirkt. Da, wo die personellen Ressourcen begrenzt sind oder Spezialwissen fehlt, kann, ebenso wie für alle anderen Ressourcen, die nicht die Kernkompetenz des Unternehmens darstellen, auf externe Ressourcen zugegriffen werden.

5. Risiken und Nebenwirkungen

Ziele und Maßnahmen können sich auch gegeneinander ausschließen oder zumindest im Konflikt miteinander stehen. 

Soll der Vertrieb einen neuen Markt erschließen, so fehlen mitunter die Ressourcen, um angestammte Märkte weiter auszubauen. Wird Geld in eine Maschine investiert, so kann möglicherweise nicht gleichzeitig der Service ausgebaut werde. Sollen Führungskräfte ihre Führungsverantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern stärker wahrnehmen, sie stärker motivieren und Prozesse weiterentwickeln, so fehlt eventuell die Zeit, um noch zusätzliches operatives Tagesgeschäft zu übernehmen.

Decken sich die Unternehmensziele mit den privaten Zielen des Unternehmers und des Managements? Wie verträgt sich ein „noch stärkerer Einsatz“ für das Unternehmen mit dem Wunsch einer ausgeglichenen Work-Life-Balance?

Zielkonflikte, die nicht rechtzeitig erkannt oder ernst genommen und damit nicht aufgelöst werden, können schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Im Unternehmen kann es zu vielfältigen Störungen und Fehlsteuerungen führen. Im menschlichen Bereich zu Depressionen, Hoffnungslosigkeit, innerer Kündigung oder Burn-Out.

Die Balance-Scorecard ist ein Instrument, um Ziele und Maßnahmen aus unterschiedlichen Perspektiven miteinander in Einklang zu bringen und Abhängigkeiten deutlich zu machen. Zielkonflikte werden deutlicher und lassen sich im Vorfelde ihrer Entstehung klären. Es eignet sich damit für alle Unternehmensgrößen. Eine solche Scorecard lässt sich auch personenbezogen erstellen. Was sind die eigenen Ziele und welche Maßnahmen sind dafür notwendig.

6. Wann fangen Sie an?

Beginnt die Zukunft nicht schon am heutigen Tag? Die Beschäftigung mit ihr ist ein Dauerthema.

Im Unternehmensbereich ist das Ritual der Budgetplanerstellung für das folgende Geschäftsjahr spätestens der Anlass, sich strukturiert und intensiv Gedanken über die Zukunft zu machen. Ob das reicht, hängt von der Branche, dem Unternehmen selber  und vielen anderen Bedingungen ab.

Im Privatbereich lassen sich viele Menschen eher unsystematisch treiben. Besonderer Anlass für eine intensive Beschäftigung mit der Zukunft sollten sein:  Familienplanung, Ausbildungsplanung, Karriereplanung, Unternehmensnachfolge und Ruhestandsplanung.

Fazit

Die Zukunft wird kommen. Längst nicht alles, aber einiges davon können wir im Vorfelde mit beeinflussen, uns darauf einstellen und somit die eigene Zukunft ein Stück erfinden.