Unternehmenskrise: Späte Chance oder doch nur verpasste Gelegenheit?
GIESSEREI PRAXIS 07-08/2011 – Auch bei Gießereien sind Unternehmenskrisen eine gute und vielleicht auch die letzte Chance zur Unternehmensentwicklung. Zumindest, wenn sie rechtzeitig erkannt werden und die Unternehmensführung die spätestens jetzt notwendigen Maßnahmen beherzt angeht.
„Das Unternehmen geriet in die Krise, Geld fehlte an allen Stellen, wichtige Investitionen konnten nicht getätigt, die Löhne kaum noch bezahlt werden. Die Banken machten Druck und kürzten die Linien, wo doch frisches Geld fehlte. Die Anzeichen für die Krise waren jedoch lange vorher schon da, aber sie wurden ignoriert oder erforderliche Maßnahmen wurden bestenfalls halbherzig angegangen. Ein steuerndes Controlling war nicht vorhanden. Eine zweckmäßige Führungskultur und gut zusammenarbeitende Führungsmannschaft gab es nicht. Es herrschte Sprachlosigkeit unter einander. Der Unternehmer war für fast alles und jeden zuständig. Verantwortungen wurden vergeben, Kompetenzen und Vertrauen nicht.“
Diese Geschichte eines Unternehmens wiederholt sich so oder in ähnlicher Form in vielen Unternehmen. Einige Unternehmen erfinden sich in einer solchen Situation neu und kommen gestärkt aus der Krise hervor, andere gibt es nicht mehr.
Auf der anderen Seite ist die Beschäftigung mit den Hintergründen und Auswirkungen solch einer Krise aber auch für diejenigen notwendig, denen es deutlich besser (er)geht. Für sie stellen sich die Fragen: Was habe ich selber getan, um solch einer Entwicklung vorzubeugen? Wie überwache und steuere ich aktiv mein Unternehmen? Welche Prozesse zur Krisenverhinderung sind installiert?
Gründe für eine Unternehmenskrise können sowohl intern im Unternehmen oder auch extern liegen. Selten kommen sie aber über Nacht. Vielleicht hat sich wegen der hohen Belastung im Tagesgeschäft niemand für die Beobachtung der Unternehmensentwicklung und seines Umfeldes Zeit nehmen können. Vielleicht sind die Zeichen nur nicht rechtzeitig erkannt worden und vielleicht gab es wegen eines unzureichenden Controllings gar keine Warnmeldungen und erst der schwindende Kontostand zeigte den Ernst der Situation.
Zur Abwendung einer Krise sind viele Fragen zu beantworten, Konzepte zu entwickeln und Maßnahmen umzusetzen. Wo soll die Reise hingehen, was ist das Ziel oder gar die Vision? Dazu werden Zeit, Kompetenzen, Ideenreichtum, beherztes Handeln – und oftmals auch Liquidität benötigt.
Ist die Krise aber erst eingetreten, so bleibt meist weder Zeit, noch stehen die notwendigen Ressourcen zur Verfügung. Schwerwiegende Unternehmenskrisen zeichnen sich häufig dadurch aus, dass das Management nicht mehr das Unternehmen aktiv steuert. Größtenteils ist es nur noch dabei, all die entstehenden Probleme klein zu halten und abzuarbeiten. Probleme mit der eigenen Organisation, Lieferanten, die nur noch gegen Vorkasse liefern wollen, Kunden die man mühsam bei der Stange hält, die Bank will Zahlen haben, die das Controlling nicht hat, und wie die Löhne termingerecht bezahlt werden sollen, weiß noch keiner so genau. Zudem lässt die Motivation der Führungskräfte nach und die Leistungsträger tragen sich bereits mit Abwanderungsgedanken.
In dieser Situation muss die Unternehmensführung wieder das Heft des Handelns zurück erlangen. Die eigentlichen Ursachen der Krise müssen zwingend erforscht werden. Die Geschäftspartner wie Kunden, Lieferanten, Banken und auch die eigenen Mitarbeiter müssen ihr Vertrauen in die Geschäftsführung und deren Krisenmanagement behalten. Die Transparenz der Situation und der eingeleiteten und geplanten Maßnahmen ist hier erforderlich.
Unternehmensintern ist auch der Betriebsrat ein wichtiger Partner für die Geschäftsführung. Neben eigenen Maßnahmen, die er vorschlagen kann, beleuchtet er die Krise und ihre Ursachen noch einmal aus einem anderen Blickwinkel und kann damit möglicherweise wichtige Impulse zu ihrer Überwindung beisteuern.
Die Frage bleibt dennoch: Kann die Unternehmensführung den Weg aus der Krise überhaupt alleine bewältigen? Das hängt natürlich vom Einzelfall ab. Zunächst ist die Unternehmensführung jedoch ausgiebig mit dem Tagesgeschäft und den Symptomen der Krise beschäftigt. Welche Ressourcen sind jetzt noch frei für grundlegende Maßnahmen? Weiter ist zu überlegen, wo die Kenntnisse und das Know-how über die zu treffenden Maßnahmen herkommen. Wäre beides vorhanden, warum ist es denn nicht längst zur Vermeidung der Krise im Vorfelde bereits umgesetzt? Hier kann externe professionelle Hilfe und Unterstützung von entscheidender Bedeutung sein. Die Unternehmensführung sollte sich nicht scheuen, diesen Weg zu gehen. Sie stellt damit die Fähigkeit unter Beweis, über den eigenen Schatten springen zu können, die eigene Kernkompetenz richtig einzuordnen und schafft damit Vertrauen bei den Unternehmenspartnern und Mitarbeitern. Der Rahmen einer externen Unterstützung kann von einem Coaching, über die Definition von Zielen und Maßnahmen bis hin zur Sanierungsplanung und Begleitung der Maßnahmenumsetzung gehen. wetreu verfügt dabei über Spezialisten mit jahrelanger Controlling- und Steuerungserfahrung, die auch Gießereien aus persönlicher, langjähriger Führungserfahrung kennen. Als Business-Coach haben sie zusätzlich ihre Kompetenz darin, Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeiter zu stärken, in die Aufgabe zu integrieren und im Veränderungsprozess mitzunehmen.
Die externe Unterstützung kann dabei je nach Umfang der Aufgaben zu einer erheblichen zusätzlichen Kostenbelastung in einer Situation ohnehin knappen Geldes werden. Diese Kosten sind jedoch als Investition in zukünftige Gewinne des wieder gesundeten und weiterentwickelten Unternehmens zu bewerten. Sie sind Teil der Maßnahmenplanung bzw. einer Sanierungsplanung.
[…] Liquiditätskrisen sind selten geheim zu halten oder können ausgesessen werden. Deshalb sollte die Geschäftsführung auch nicht auf diese Vorgehensweise vertrauen. Aussagen wie „da ist uns ein EDV-Fehler unterlaufen und dadurch sind die Löhne erst verspätet gezahlt worden“ oder „die Buchhalterin ist plötzlich ausgefallen und dadurch konnten wir die Rechnung nicht rechtzeitig bezahlen“, werden spätestens bei der Wiederholung ad absurdum geführt. Insbesondere durch die Vielzahl der Mitarbeiter […] und deren zum Teil auch direkten und guten Kundenkontakt, kommen Gerüchte auch schnell bei diesen an. Vertrauen der Geschäftspartner kann schnell zerstört, aber nur langfristig wieder aufgebaut werden.
Kurzfristige Liquiditätsbeschaffung z. B. durch Inanspruchnahme der Lieferantenkredite (kein Skontoabzug), der Verschiebung der Zahlung von Krankenkassenbeiträgen oder der Berufsgenossenschaft sind nach Abstimmung mit den Zahlungsempfängern möglich. Allerdings sind diese Maßnahmen aufgrund der dann anfallenden erheblichen Zinsen nicht zu empfehlen. Deutlich sinnvoller ist es i. d. R. immer, zuerst das Gespräch über eine Finanzierungslösung mit seinem Bankpartner zu suchen.
Frühwarnsystem Unternehmenskrise
Meist geht einer Liquiditätskrise jedoch eine Ertragskrise voraus. Ein betriebliches Frühwarnsystem kann hier rechtzeitig drohende Gefahren ankündigen und die Zeit zur Entwicklung und Umsetzung von Gegenmaßnahmen geben.
Inhalte eines Frühwarnsystems können sein: Entwicklung der Angebotserfolgsquote im Vertrieb und des festen Auftragsbestandes, wie entwickelt sich der Großteile-Kundenbestand, Änderung der Kundenstruktur dadurch, dass immer mehr Kleinkunden gewonnen, aber Großkunden verlorenen gehen oder dass das Unternehmen von einigen wenigen Großkunden immer abhängiger wird, Veränderung der Deckungsbeiträge bei den unterschiedlichen Werkstoffarten, Zunahme der Mitarbeiterfluktuation und Abwanderung von Führungskräften und Leistungsträgern, Verringerung der freien Liquidität und Verschlechterung von Bilanzrelationen und des Cashflow.
Wie bereits erläutert, stellt sich auch hier die Frage nach den vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen zum Aufbau oder zur Erweiterung eines vorausschauenden Frühwarnsystems. Insofern kann hier ebenso die Begleitung durch externe Spezialisten wie wetreu sinnvoll sein. Wichtig ist, ein Gesamtkonzept zu entwickeln und durchzusetzen. Durchzusetzen meint hier, auch die betriebliche Akzeptanz für das System zu finden, um es am Leben zu erhalten und es tatsächlich auch zu nutzen. Wer welche Informationen und Kennziffern wann, wie häufig, in welchem Verdichtungsgrad, usw. erhält, und vor allem auch was damit unternimmt, richtet sich nach den jeweiligen betrieblichen Aufgaben, der Unternehmensstruktur und der Unternehmensbefindlichkeit. Ein betriebliches Früherkennungssystem muss gelebt werden und ist damit mehr, als nur die technische Umsetzung über ein IT-System.
Letztendlich sollten alle betrieblichen Teilsysteme auf die Sicherung und nachhaltige Wertsteigerung des Unternehmens ausgerichtet sein. Wo das nicht der Fall ist, besteht unmittelbar Handlungsbedarf.
„Das eingangs beschriebene Unternehmen engagierte einen externen Berater. Der sorgte für Situationsbewusstsein, neues Vertrauen bei den Unternehmenspartnern, Bereitstellung von Liquidität, den Aufbau einer neuen Führungsmannschaft und gemeinsam für die Weiterentwicklung zurück zu einem gesunden und erfolgreichen Unternehmen.“
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