RKW Kompetenzzentrum | PERSONET 06/2019 – Unternehmensplanspiele sind die Flugsimulatoren des Managements. Sie ermöglichen eine praxisorientierte Management Aus- und -weiterbildung im Profit- und Non-Profit-Bereich. Handlungsorientiertes Lernen erfolgt im „geschützten“ Raum und in einem Zeitraffersystem.
Unternehmensplanspiele verlangen von den Teilnehmern sorgfältige Vorüberlegungen und Analysen vorzunehmen, Risiken abzuwägen und Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Sie simulieren die Wirkungen der getroffenen Entscheidungen und ergriffenen Maßnahmen. Diese zeigen sich zudem in den Ergebnissen der „Spielperioden“. Die Managementhandlungen werden für das simulierte Unternehmen also real erarbeitet, die Wirkungen im Wettbewerbsumfeld gegen die „mitspielenden“ Unternehmen werden dynamisch ermittelt. Dynamisch, weil das Ergebnis sowohl von den eigenen Entscheidungen, als auch den Entscheidungen und damit dem Wettbewerbsverhalten der Konkurrenten abhängt. Dadurch wird Marktgeschehen realitätsnah erlebbar.
Die Lernmethode Unternehmensplanspiel ist gleichzeitig motivierend und inspirierend. Sie erlaubt das Lernen aus Fehlern, spricht die Teilnehmer kognitiv an und verankert das Neugelernte emotional. Spielerische Elemente (Gamification) fördern bestimmte Reaktionen oder Verhalten. Sie fördern den Wettbewerb und das Engagement der Teilnehmer und sind Hilfe darin, die eigenen Fortschritte zu sehen und wahrzunehmen.
Gamification | ||
Interesse wecken | Flow-ähnliche Momente generieren | Psychologische Grundbedürfnisse befriedigen |
Neugier wecken Fantasie anregen Identifikation erhöhen | bewältigbare Herausforderungen anbieten unmittelbare Rückmeldungen anbieten nicht vorhersehbare Momente / Vielfalt anbieten | Kompetenzgefühl fördern Autonomiegefühl fördern Soziale Eingebundenheit fördern |
Das Unternehmensplanspiel kann eingebunden werden in ein umfangreiches Management-Training und umfassender Management-Weiterbildung. Der Vorteil: Gelernte Methoden und Wissen lassen sich sofort „praktisch“ anwenden. Die im Spiel erzielten Ergebnisse sind Rückkopplung und Basis für die nächste „Spielrunde“, die nächste Geschäftsperiode, den nächsten Versuch.
General Management oder Fokussierung auf ein Fachgebiet, betriebswirtschaftlicher Schwerpunkt, Schwierigkeitsgrade, Branchen, Einzelspieler- oder Teammodus lassen sich im Vorfelde durch die Auswahl des Planspiels, durch dessen Parametrisierung oder durch Planspielvarianten festlegen.
Insbesondere sobald Teams die simulierten Unternehmen führen, können auch Soft Skills – übergeordnete Schlüsselkompetenzen des Managements – als Entwicklungs- und Lernziel mit aufgenommen werden. Die auftretenden Interaktionen in den jeweils „spielenden“ Teams können Ausgangspunkt zahlreicher angeleiteter Betrachtungen, Selbstreflexionen und Lerneffekte sein. Softskills wie Teamzusammenarbeits-, Kommunikations- und Selbstkompetenzen erweitern hier das Lernspektrum von Methodenkompetenzen, analytischen und Lösungskompetenzen (vgl. GEIER 2006, S. 1).
Unternehmensplanspiel und Management-Training überwinden zusammen die Hürde zwischen Theorie und Praxis. Management wird für die Teilnehmer erlebbar – mit allen Facetten. Wissen wird in Handlungen transformiert und gefestigt.
Planspiele lassen sich flexibel einsetzen. Sie bedienen und kombinieren unterschiedliche Lernmodi und kommen anderen Lerntypen zugute. Sie sind auch einfach mal eine andere Art von Fortbildung. Dabei ist die motivierende Wirkung eines Seminars mit Wettbewerbscharakter sowie dem nachhaltigem Lerneffekt, wenn nicht nur passiv zugehört, sondern unter Wettbewerbsdruck angewendet wird, nicht zu unterschätzen (beCEO! 2019).
Behaltensquote | |
20% reines lesen | 55% sehen und hören |
25% reines hören | 70% darüber sprechen |
35% reines sehen | 95% sehen, hören, sprechen und selber tun/erfahren |
Evaluationsergebnisse zu Gründungsplanspielen zeigen
- einen Anstieg der Fach- und Methodenkompetenz,
- eine Verbesserung der sozialen und persönlichen Kompetenz,
- einen Anstieg des Vertrauens in die eigenen Kompetenzen, ein Gründungsvorhaben zu bewältigen. Aucher/Kriz (2015).
Betriebswirtschaftliche General-Management-Planspiele bilden die Komplexität der Unternehmensführung, das Zusammenwirken der verschiedenen Funktionsbereiche, die Entwicklung von Unternehmens- und Wettbewerbsstrategien sowie das Treffen von Entscheidungen unter Unsicherheit in einem dynamisch sich verändernden Wettbewerbsumfeld ab. Planung, Ausführung und Kontrolle gehören dabei gemeinsam zum Lernziel.
Was im Alltag bei überschaubaren und abgrenzbaren Aufgaben gut funktioniert, ist wenig erfolgreich und nicht wünschenswert auf Managementebene. Die Gestaltung und die Arbeit am Käsetresen im Supermarkt veranschaulicht dies. Die Auswirkungen der Arbeit am Tresen sind begrenzt, Feedback kommt schnell zurück und die passenden Maßnahmen können ergriffen werden. Managemententscheidungen sind dagegen vielfach auf langfristige Wirkungen ausgelegt. Ihre Wirkungen sind häufig existenzieller für die Organisation. Feedback trifft, wenn überhaupt, erst langfristig ein. Zudem gibt es selten eine einfache Ursache-Wirkungsbeschreibung. Zusammenhänge sind weder kausal noch im Ausmaß ihrer Wirkung eindeutig zu erkennen.
Dietrich Dörner schreibt dazu: “Gewöhnlich ereignen sich kritische und komplizierte Situationen selten, und in der «richtigen» Realität sind die «Totzeiten» lang. Es dauert lange, bis man merkt, dass man Fehler gemacht hat. [ … ] Man hat dadurch wenig Möglichkeiten, aus Fehlern zu lernen. Ein auf einem Computer simuliertes Planungs- und Entscheidungsszenario [ … ] hat den großen Vorteil, dass es als Zeitraffer funktioniert. Es stellt den unmittelbaren Kontakt mit den eigenen Fehlern her.“ (DÖRNER, S. 287 ff)
Aus den genannten Gründen gehören Unternehmensplanspiele auch zur Ausbildung des Managementnachwuchses in betriebswirtschaftlichen Hochschulstudiengängen. Das Dilemma der praxisorientierten Management Aus- und Weiterbildung wird aufgehoben.
Wichtig ist zu verstehen, dass umfassendes Lernen (!) aus einem Planspiel kein Selbstläufer ist. Es braucht ein passendes Konzept und einem versierten Spielleiter.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Ameln/Kramer (2016)
Ameln, F. v., Kramer, J.: Organisationen in Bewegung bringen: Handlungsorientierte Methoden für die Personal-, Team- und Organisationsentwicklung. 2. Aufl., 2016. Berlin Heidelberg: Springer.
Aucher/Kriz (2015)
Auchter, E., Kriz, W.: Der Einfluss von Unternehmensplanspielen als Lehrmethode auf die unternehmerischen Kompetenzen und die Gründungsmotivation von Studierenden. Ein Review über 10 Jahre Evaluationsforschung im Bereich Entrepreneurship Education. Forschungsbericht 2015.
BIBB (2014)
Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB): Qualitätsentwicklung und -sicherung in der beruflichen Bildung: Leitfaden zur Handlungsorientierung in der Berufsausbildung. BiBB-Modellversuche. Instrument Nr. 28-3. 2014.
beCEO! (2019)
https://www.beceo.de
Dörner (2006)
Dörner, D.: Die Logik des Misslingens: Strategisches Denken in komplexen Situationen. 5. Aufl., 2006. Rowohlt.
Geier, B. (2006)
Geier, B.: Evaluation eines netzbasierten Unternehmensplanspiels: Eine problemorientierte Lernumgebung für die kaufmännische Aus- und Weiterbildung. München: Ludwig-Maximilian-Universität, Inaugural-Dissertation. 2006.
Schellhaas (1994)
Schellhaas, K.-U.: Entscheidungsorientierte Kosten- und Leistungsrechnung: Konzeption eines Unternehmensplanspieles. 1994. Deutscher Universitätsverlag. S. 84
STÖCKLEIN/STEINBACH/STANNAGEL (2014)
Stöcklin, N., Steinbach, N. & Spannagel, Ch.: QuesTanja: Konzeption einer Online-Plattform zur computerunterstützten Gamification von Unterrichtseinheiten. In Stephan Trahasch et al. (Hrsg.): DeLFI 2014 – Die 12. e-Learning Fachtagung Informatik der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI), Lecture Notes in Informatics (LNI), Volume P-233, 2014, S. 151-156.
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